Die Tagebucherzählung „Die Stimmen der Übriggebliebenen“ legt in erschütternder Weise Zeugnis davon ab, wie Christian Discher 1997 als 17-Jähriger in eine Lebenskrise geriet und dabei auf der Suche nach Hilfe und Unterstützung unter das Regime einer entwürdigenden und traumatisierenden Behandlung einer berüchtigten Psychiatrie geriet, der sogenannten „Hölle von Ueckermünde“. Die Folgen der brachialen, mit Fixierung, Gewalt und Zwangsmedikation verbundenen Misshandlungen drohten sämtliche Lebenspläne des Gymnasiasten dauerhaft zu zerstören. An Leib und Seele schwer gezeichnet, seiner Konzentrations- und Ausdrucksfähigkeit beraubt, schien ihm der Weg ins gesellschaftliche Aus vorbestimmt. Dabei wurde für ihn das Schicksal der Menschen, die ihm auf seiner persönlichen Höllenfahrt begegneten und zu seinen Wegbegleitern wurden, zum Menetekel: Keiner von ihnen kehrte zurück in ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben, sie verblieben vielmehr unter der Fuchtel einer Kontrolle ausübenden Institution, die leidende Menschen in Verwaltungsobjekte verwandelte. Viele verschwanden völlig von der Bildfläche. Etliche schieden aus dem Leben. Mit zäher Energie und unbeugsamem Willen kämpfte sich Christian Discher zurück ins Leben, aus Ohnmacht wurde Widerstand. Als mittlerweile promovierter Sprachwissenschaftler und Hochschuldozent macht er sich die Kraft des Wortes zunutze, um auf himmelschreiende Zustände und ihre vielen stummen Opfer aufmerksam zu machen. Angetrieben von der Erkenntnis, dass die Ausübung und die Folgen der Praktiken der „Hölle von Ueckermünde“ längst noch nicht Geschichte sind. Und auch keineswegs einzigartig, sondern so oder so ähnlich weiterhin im toten Winkel der öffentlichen Wahrnehmung existent sind.

Dr. Christian Discher

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