Wie viele Tote hat es zwischen 1990 und 2019 in den berüchtigten Einrichtungen gegeben?

Das Vorschaubild zeigt einen Zwangsstuhl, wie er um 1824 in psychiatrischen Anstalten gebräuchlich war. Schneider, P. J.: Entwurf zu einer Heilmittellehre gegen psychische Krankheiten. Tübingen 1824. Through Riederer, Peter, Laux, Gerd y Pöldinger, Walter: Neuro-Psychopharmaka: Ein Therapie-Handbuch. Vol. 1: Allgemeine Grundlagen der Pharmakopsychiatrie. ISBN: 9783709166741. Springer, Viena 2013, p. 51 

 

Dr. Christian Discher stellt Antrag zur Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen in Neubrandenburg und Ueckermünde.

Sehr geehrte Damen und Herren, 

obwohl unsere Kanzlerin Angela Merkel in einem Ev. Pfarrhaus geboren wurde, gilt das göttliche Tötungsverbot für sie offenbar nicht. Sonst könnte Christian Dischers Aufklärungs-Antrag über den Verbleib der Ueckermünder Patienten nicht abgelehnt worden sein. Außerdem sollte man einen Unwissenden wie Emil Kraepelin nicht durch eine Gedenktafel ehren wie in Neustrelitz geschehen. 

Mit freundlichem 

Gruß Dorothea Buck 

Hamburg, den 16.01.2019 

Durch die Unterstützung der 102-jährigen Dorothea Buck[1], seit 2008 Trägerin des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und Ehrenvorsitzende des Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener e.V., die die NS-Psychiatrie und Zwangssterilisation überlebt hat, habe ich nach meinen jahrelangen und bisher ergebnislosen Aufklärungsbemühungen die Kraft gefunden, mich durch diese Antragstellung als letzten Schritt an Sie zu wenden. Ich sehe jetzt die letzte Möglichkeit, das in den Psychiatrien von Neubrandenburg und Ueckermünde sowie in deren Institutionen für Menschen mit Behinderungen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern begangene Unrecht an mir und meinen Mitpatientinnen und -patienten aufzuklären. Deren Stimmen sind verstummt, ihr Verbleib ist bisher unbekannt.

Mein Antrag bezieht sich auf die Aufklärung über den Verbleib der in der Fernseh-Reportage „Die Hölle von Ueckermünde“ von Ernst Klee aus dem Jahr 1993 gezeigten Menschen sowie auf die in den Psychiatrien Neubrandenburg und Ueckermünde, zumindest im Zeitraum meines eigenen dortigen Aufenthalts im Jahr 1997, begangenen Menschenrechtsverletzungen, die sich bis heute durch die noch tätigen Mitarbeitenden der Institutionen fortsetzen. Die Frage ist nach wie vor ungeklärt, ob diese Menschen unmittelbar an den dortigen Misshandlungen und Behandlungen oder an deren Folgen verstorben sind.

Aufgrund der erlebten Misshandlungen in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Neubrandenburg unter der Leitung des damaligen Chefarztes Dr. Rainer Gold sowie in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Ueckermünde unter der Leitung des Psychiaters Wolfgang Kliewe war ich damals nicht in der Lage, juristische Schritte einzuleiten, weil ich zu diesem Zeitpunkt selbst noch minderjährig war und die Schwere der erlebten psychischen und körperlichen Verletzungen mich unfähig machten, derartige Maßnahmen einzuleiten. Hinzu kommt, dass ich während und insbesondere nach meiner Entlassung als minder intelligent eingestuft wurde, was meine Unfähigkeit, eigene juristische Schritte einzuleiten, auch nach außen dokumentiert. Meine Erziehungsberechtigten standen einem mächtigen System hilflos gegenüber, und ich war verloren in der Hölle von Ueckermünde.  

Bereits am Tag meiner Unterbringung in der Psychiatrie in Neubrandenburg sperrte mich das ärztliche Personal nach der Offenlegung meiner Homosexualität ein, fixierte mich und verabreichte mir als Minderjährigem im Juni 1997, ohne Rücksprache mit meinen Erziehungsberechtigten gehalten zu haben, sogleich stark sedierende Psychopharmaka, die zum völligen Ausfall zahlreicher Körperfunktionen führten und in deren Folge ich in der Psychiatrie Ueckermünde meine Fähigkeit zu sprechen für anderthalb Jahre verlor. Meine Rechte im Unterbringungsverfahren konnte ich nicht geltend machen, da weder der Verfahrenspfleger Rechtsanwalt Kuplin aus Ueckermünde mit mir ein persönliches Gespräch führte, als ich noch sprechen konnte, noch die Richterin, die mich in Ueckermünde anhören wollte. Diese traf auf einen zwischenzeitlich anhörungsunfähigen minderjährigen Patienten, der zusammen u.a. mit psychisch erkrankten Straftätern im roten Backsteingebäude Haus 12 untergebracht war. 

Die Hölle von Ueckermünde

Die Psychiatrie in Ueckermünde war bereits 1993 durch Ernst Klees Reportage “Die Hölle von Ueckermünde – Psychiatrie im Osten“ bekannt geworden, in der er gravierende Missstände aufgedeckt hatte. Weil im Nachgang zu dieser Reportage von den zuständigen Stellen und auch in der von der zur Untersuchung beauftragten, ehemals aus der DDR stammenden Psychiaterin Sonja Süß veröffentlichten Studie erklärt worden war, dass die in der Reportage gezeigten Umstände nicht den in der Einrichtung Tätigen angelastet werden könnten[2] und sich diese lediglich auf die Abteilung für geistig Behinderte bezögen[3], konnte sich aufgrund der veröffentlichten Beschwichtigungen folglich das Unrecht nach 1993 kontinuierlich in den Abteilungen fortsetzen, die öffentlich für niemanden zugänglich waren.[4]

Ich bin ein Zeuge

Ich bin ein Zeuge dieser Zustände, die sich vier Jahre nach der Ausstrahlung der Dokumentation im Jahr 1997 ungehindert im Haus 12 der Psychiatrie Ueckermünde in einem anderen Gewand fortsetzten, die ich in meiner Tagebucherzählung „Die Stimmen der Übriggebliebenen“ [5] festgehalten habe und durch die beigefügten Zeugenaussagen und Dokumentationen untermauere. Während meines Aufenthalts in der Psychiatrie Ueckermünde begegneten mir zahlreiche Menschen, die körperlich, geistig und psychisch zerstört waren und bereits während ihres dortigen Aufenthalts sowie für die Zeit nach ihrer Entlassung unfähig waren, sich gegen das ihnen dort angetane Leid zu wehren, nicht nur aufgrund der dort erlebten Misshandlungen, sondern auch aufgrund eines nach wie vor bestehenden überkommenen paternalistischen Fürsorgesystems in Mecklenburg-Vorpommern, das von politischen Verantwortungsträgern gestützt wird. 

Nur durch den Umstand, dass es mir gelungen ist, ins Leben zurückzukehren, und ich mit den Folgen der gegen mich verübten Gewalt gelernt habe umzugehen, kann ich heute von den damaligen Zuständen und dem Verhalten des ärztlichen und pflegerischen Personals, das ich in meiner Tagebucherzählung beschrieben habe, berichten. Die Menschen aus Ernst Klees Reportage und diejenigen, die mir während meines Aufenthalts und im Nachgang meiner Entlassung begegneten, sind nicht in der Lage, ihre eigenen Interessen oder ein Bemühen nach außen hin geltend zu machen. Aus diesem Grund stelle ich auch in deren Namen den Antrag auf Einrichtung eines internationalen Untersuchungsausschusses oder vergleichbare Maßnahmen zur Aufklärung der in Neubrandenburg und Ueckermünde begangenen Menschenrechtsverletzungen. 

 

Die politischen Verantwortungsträger

 

Wenn der Gesundheitsminister Harry Glawe und der Petitionsausschussvorsitzende Manfred Dachner nach Rücksprache mit Matthias Crone[6], dem Bürgerbeauftragten für Menschen mit Behinderungen[7], empfehlen, ohne in ihren Antwortschreiben überhaupt auf meine Fragen[8] hinsichtlich des Verbleibs der in der Hölle von Ueckermünde gezeigten Menschen und meiner Mitpatientinnen und -patienten eingegangen zu sein, mich an zuständige Stellen wie beispielsweise den Bürgermeister, bzw. an die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter zu wenden, habe ich dies darüber hinaus über die Grenzen Mecklenburg-Vorpommerns hinweg seit 2015 im Ergebnis vergeblich getan. So hat beispielsweise der von mir informierte Gerd Walther, der ehemalige Bürgermeister der Stadt Ueckermünde, nie auf Anfragen reagiert, der zu den aktuellen Zuständen in der Psychiatrie Ueckermünde nunmehr auch Auskunft erteilen kann, nachdem er im Sommer 2018 in der Geschlossenen Psychiatrie Ueckermünde untergebracht worden war.[9]

Die Beauftragten für Menschen mit Behinderungen und die in Deutschland für ärztliches Fehlverhalten und Inklusion zuständigen Stellen, wie beispielsweise die Ärztekammern, Opfervereine und diverse Beauftragte der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns, aber auch weitere Ministerien in Mecklenburg-Vorpommern, haben auf meine Petition und Mitteilungen nicht reagiert. Die verantwortlichen Institutionen vor Ort in Neubrandenburg und Ueckermünde haben aufgrund eigener personeller Verstrickungen damals und heute auf kein Schreiben geantwortet.  Wir Betroffenen konnten und können an keine Stelle herantreten, die sich der Aufklärung annehmen möchte, wie die Ablehnung des Antrags beim Landtag des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern zeigt, der das Recht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gehabt hätte. Wenn der Gesundheitsminister Harry Glawe mit Schreiben vom 5. Juli 2017 erklärt, dass sämtliche von mir im Petitionsschreiben aufgeführten Vorgänge justiziabel seien, die Psychiatrie in Deutschland und namentlich in Mecklenburg-Vorpommern keineswegs von Machtmissbrauch, menschenunwürdiger Behandlung bzw. psychiatrischer Zwangsbehandlung geprägt sei, und der Petitionsausschussvorsitzende Manfred Dachner[10]mit Schreiben vom 28.Juni 2018 zum Schluss kommt, dass keine Anhaltspunkte für die Einrichtung eines wie von mir geforderten Untersuchungsausschusses erkennbar ist, fordere ich auf der Grundlage der eingereichten Dokumentationen und Beweise die Einberufung eines internationalen Untersuchungsausschusses bzw. vergleichbare Maßnahmen zur Aufklärung der Menschenrechtsverletzung in den besagten Psychiatrien Neubrandenburg und Ueckermünde.

Forderungen an einen Untersuchungsausschuss bestehend aus ehrenwerten Persönlichkeiten, betroffenen Bürgerinnen und Bürgern ohne Aufsichtsführung der politischen Verantwortlichen des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern:

Es sollte die zwanzigjährige Tätigkeit des Psychiatriekrankenpflegers in der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Klinik Greifswald, des heutigen Ministers für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit, Harry Glawe, tiefgründig untersucht werden, um in der Aufklärungsarbeit Interessensverflechtungen offenzulegen.[11] Insbesondere sollte herausgearbeitet werden, mit welchen der in Anlage 3b dargestellten Medizinerinnen und Mediziner Harry Glawe kooperiert hat. 

Hat sich der seit 2012 tätige Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Matthias Crone, überhaupt mit meiner Petition gegen Zwangsbehandlung und Folter beschäftigt? 

Wenn Opfer wie Lothar Tiedtke von Koss, ich selbst, Dr. Christian Discher, und meine Wegbegleiter nach dem von uns Erlittenen bei unseren Aufklärungsbemühungen bei verantwortlichen Stellen in Mecklenburg-Vorpommern und deutschlandweit im Nachhinein gegen Mauern laufen, stellen sich die Fragen, warum es verhindert wird, das an uns und an den in der Reportage „Die Hölle von Ueckermünde“ gezeigten Menschen begangene Unrecht aufzuklären, andererseits das medizinisch tätige Personal seine beruflichen Karrieren unbeirrt fortsetzen kann bzw. konnte?  

Wie viele der in der Reportage gezeigten Menschen haben bis heute überlebt?

Welche konkreten Körperverletzungen, die nicht in der Reportage gezeigt wurden, haben die Betroffenen erleiden müssen und welche daraus resultierenden Folgen haben sie auf deren Leben gehabt?

Wie viele der in der Reportage gezeigten Menschen sind an den Folgen ihrer im Bildverzeichnis und im Video nachvollziehbar werdenden Misshandlungen gestorben, ohne dass von staatlicher Seite Untersuchungen eingeleitet wurden?

Welches medizinische Personal und wie viele Mediziner, die an den Verbrechen in der Hölle von Ueckermünde beteiligt waren, haben nach dem Erscheinen von „Die Hölle von Ueckermünde“ ihre Karrieren kontinuierlich fortgesetzt, ohne für ihre Taten vor Gericht gestellt worden zu sein?

An welchen Orten hat das im Video gezeigte Personal anschließend seine Tätigkeiten fortgesetzt, und gab oder gibt es in diesen Kliniken Auffälligkeiten im Umgang mit den Patienten? 

Welche tatsächlichen Aufklärungsbemühungen hat der damals für die Psychiatrie Ueckermünde zuständige Mediziner der Universität Greifswald, Dr. Klaus Gollert, der nach der politischen Wende gemeinsam mit Harry Glawe in die Politik wechselte und 1993 als Minister für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung tätig war, wirklich eingeleitet?

Während die Reportage „Die Hölle von Ueckermünde – Psychiatrie im Osten“ noch heute deutschlandweit in der Pflegausbildung als mahnendes Beispiel gezeigt wird, auf Youtube für jeden einsehbar und kommentierbar ist, frage ich aufgrund der historischen Bedeutung dieses Films, wie die Namen der zum Zeitpunkt der Reportage in der Psychiatrie Ueckermünde[12]  behandelten Menschen lauten, um durch offizielle Stellen eine Gedenk- und Ehrentafel für diese Menschen finanzieren lassen zu können. 

Warum hat Dr. Klaus Gollert nach Bekanntwerden meiner Tagebucherzählung „Die Stimmen der Übriggebliebenen“[13] und meinen Aufklärungsbemühungen im März 2015 nur acht Monate später am 17. November 2015 auf der Festveranstaltung „25 Jahre Landtag Mecklenburg-Vorpommern“ vor sämtlichen politischen Verantwortungsträgern sich nicht von den Zuständen in der Hölle von Ueckermünde distanziert, sondern nur von der öffentlichen Berichterstattung darüber?[14]

Welche politische Vergangenheit hatte die zur Aufklärung der Hölle von Ueckermünde eingesetzte Untersuchungskommission und welche persönlichen Beziehungen pflegte diese zu den politischen Verantwortungsträgern, wie z. B. Harry Glawe und Dr. Klaus Gollert[15]?

Wie kann es sein, dass die im Sozialpsychiatrischen Dienst Neubrandenburg tätige M., eine ehemals in Ueckermünde tätige Krankenschwester, die ausführlich Auskunft über die Missstände in Ueckermünde geben könnte, heute als Sozialarbeiterin in beratender Funktion im Sozialpsychiatrischen Dienst Neubrandenburg tätig ist? 

War die bekannt gewordene Selbsttötung der Protagonistin Simone, mehrfach Patientin in Ueckermünde, tatsächlich eine Selbsttötung, oder haben die Ermittler nicht genau hingesehen, weil Simone Stark bei allen verantwortlichen Stellen in Neubrandenburg und Ueckermünde als vermeintlich „psychisch Kranke“ galt?  Hat es überhaupt eine Obduktion gegeben, die bestätigt, dass Simone sich die Tüte selbstständig über den Kopf gezogen hat und dies nicht von Dritten veranlasst wurde, die möglicherweise Zugang zu ihrer Wohnung hatten, nachdem sie sich aufgrund innerer Anspannung ein Medikament zur Beruhigung verabreichte? 

Welche politischen Funktionen übten das benannte Pflegepersonal, die Sozialarbeiter und die beteiligten Mediziner in der DDR aus und welche Folgen haben sich daraus bis heute für die psychiatrieverantwortlichen Institutionen ergeben?

Wenn meine Wegbegleiterin Birgit in dem beigefügten Interviewausschnitt davon berichtet, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens der Reportage „Die Hölle von Ueckermünde“ dieser Film auf den anderen psychiatrischen Stationen gezeigt wurde, stellt sich die Frage, wer von den Menschenrechtsverletzungen Kenntnis hatte und warum nichts dagegen unternommen wurde. 

Wenn mir als damals 17-jährigem, hilf- und wehrlosen Jungen ohne Sprachfähigkeit im Jahr 1997 vom Assistenzarzt, dem noch bis vor Kurzem als Chefarzt für Neurologie und Psychiatrie in Pasewalk tätigen André Gille, unmittelbar ohne meine Zustimmung und die meiner Erziehungsberechtigten innerhalb eines Zeitraums von nur wenigen Tagen die Spinalkanüle in den Rücken geschoben wurde, frage ich mich, wie viele Lumbalpunktionen an Menschen mit geistigen Entwicklungsstörungen in den Jahren von 1990 bis 2000 vorgenommen wurden, zu denen ich aus ärztlicher Perspektive seit meiner Ankunft in Ueckermünde offiziell zählte.

Wie waren die Kooperationsabläufe zwischen den benannten Medizinern und Institutionen in Neubrandenburg und Ueckermünde organisiert?

Sollen meine Aufklärungsbemühungen nun weiterhin erschwert werden, weil der heutige Chefarzt der Klinik in Ueckermünde, Matthias Severin, ein guter alter Bekannter und ehemaliger Mitarbeiter von Dr. Rainer Gold und Dr. Karin Gold ist, der jahrelang in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Neubrandenburg gearbeitet hat?

Welche Verantwortungsträger in den Ärztekammern Berlins und Mecklenburg-Vorpommerns hatten nach dem Erscheinen der Reportage über Medikamentenversuche im „Spiegel“ 1991[16], deren Wirken mit möglichen Todesfolgen für die Opfer bis heute nicht geklärt worden ist[17], Kenntnis davon, dass Dr. Rainer Gold daran beteiligt war, ihn und seine Ehefrau, Psychiaterin Karin Gold, in der Ärztekammer zugelassen? 

Wie viele Menschen sind unter der Behandlung in der Wilhelm Griesinger-Klinik in Marzahn unter der Mitwirkung des Studienleiters Dr. Rainer Gold gestorben? 

Welche Funktion übte die Psychiaterin und Ehefrau des Dr. Gold während dieser Medikamententests an der Seite ihres Ehemannes aus?

Warum haben wir keine Unterstützung und Antworten erhalten, als wir den unmenschlichen Umgang mit uns Schutzbedürftigen an den Sozialpsychiatrischen Dienst in Neubrandenburg meldeten, z. B. der dort tätigen Angelika Beier, die uns in Zusammenarbeit mit den Medizinern tyrannisierte? 

Wenn der Gesundheitsminister Harry Glawe mit Schreiben vom 5. Juli 2017 mitteilt, dass bezüglich der Besetzung von ärztlichen Leitungspositionen die Krankenhausträger verantwortlich sind, stellt sich die Frage, in welcher Beziehung die Leitung des Klinikums Neubrandenburg zum damaligen Zeitpunkt zu Dr. Rainer Gold und seiner Frau stand. 

Wie viele unangepasste Menschen haben diese Institutionen mit Unterstützung der genannten Mediziner bis heute hinter verschlossene Türen gebracht?

Wie viele Todesfälle unter psychiatrischer Behandlung hat es seit 1990 bis heute in den Psychiatrien Neubrandenburg und Ueckermünde gegeben?

Eine Überprüfung der Beteiligung und Mitwisserschaft sämtlicher in der beigefügten Anlage aufgelisteten Mediziner und Pflegenden, die in Zusammenhang mit den Psychiatrien Neubrandenburg und Ueckermünde stehen, ist zur Klärung aller individuellen Einzelfälle notwendig. 

Die Veröffentlichung der umfassenden statistischen Zahlenwerke zu psychiatrischen Zwangsbehandlungen und Tötungs- und Todesfällen in diesen Einrichtungen von 1990 bis 2019 muss lückenlos erfolgen. Die mit diesen Kliniken in Zusammenhang angeregten Aufklärungsarbeiten müssen unter Herausgabe eines umfassenden Abschlussberichtes an die Öffentlichkeit erfolgen.

Wie kann es sein, dass das ärztliche Standesrecht solch krasse Verfehlungen zulässt, die ich auf 1000 Seiten beigefügter Dokumente belege, ohne dass dies für die Betroffenen zum Entzug ihrer Tätigkeitsberechtigung führt? 

Wenn wir heute alljährlich der Opfer der Morde der T4- Aktion gedenken und konstatieren, dass alles Erforderliche zu unternehmen ist, dass sich die Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht wiederholen, erachte ich es als das Mindeste, dass die in den 1990er Jahren erfolgten Ereignisse und die Mitwirkung des medizinischen Personals bis heute in den Psychiatrien Neubrandenburg und Ueckermünde einer Aufklärung unterzogen werden. 

Dr. Christian Discher


[1] http://www.bpe-online.de/english/dorotheabuck.htm und http://ki-art-multimedia.de/dresden/doro-english.htm  

[2] Sonja Süß: 1999. Politisch mißbraucht? Psychiatrie und Staatssicherheit in der DDR (Politically abused? Psychiatry and State Security in the GDR). Ch. Links Verlag, Berlin. 2nd edition (Scholarly Series of the Federal Commissioner for the Records of the State Security Service of the Former German Democratic Republic; 14). page 69-80

[3] Cf. Ebenda, 78

[4] „Die von ihm [Klee: Anmerkung Verfasser Discher] nicht erwähnte Betreuung von psychisch Kranken hingegen war relativ gut“, erklärte Süß 1998. Vgl. ebd., 78, ohne dies konkret zu spezifizieren. Es soll vor der Wende sogar eine offene Abteilung der Psychiatrie Ueckermünde gegeben haben, in der ein konstruktiver Umgang mit den Patienten herrschte. Hierzu erreichten mich Leserbriefe und Nachrichten diverser Menschen, die nach eigenen Aussagen zum Alkoholentzug oder zur Behandlung einer depressiven Episode vor Ort gewesen waren.  Das Handeln und Verhalten der Psychiaterin  Dabruns, die auf der offenen und geschlossenen Psychiatrie in Ueckermünde Verantwortliche war, wird von der Protagonistin Birgit Zimmermann als sehr brutal beschrieben, wohingegen Psychiaterin Dabruns in den schriftlichen Erzählungen und in den mir gegenüber getätigten Aussagen von Inge Stier als besonders liebevoll dargestellt wurde. 

[5] Discher, Christian 2015: Die Stimmen der Übriggebliebenen: https://www.amazon.de/Die-Stimmen-Übriggebliebenen-Christian-Discher/dp/3981425723/ref=tmm_pap_swatch_0?_encoding=UTF8&qid=&sr=

[6] „Nach Artikel 36 der Landesverfassung und dem Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz M-V hat der Bürgerbeauftragte die Aufgabe, die Rechte der Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande zu wahren, in sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu unterstützen sowie insbesondere die Belange von Menschen mit Behinderungen wahrzunehmen. Er befasst sich mit den Bürgeranliegen (Petitionen) und soll auf eine zügige einvernehmliche Lösung hinwirken.“ Online abrufbar: https://www.buergerbeauftragter-mv.de/der-buergerbeauftragte/

[7] „Bürgerbeauftragter Matthias Crone ist Anwalt der Menschen“ Pressemeldung vom 15. Mai 2018 https://www.linksfraktionmv.de/nc/presse/pressemeldungen/detail/news/buergerbeauftragter-matthias-crone-ist-anwalt-der-menschen/

[8] Deutsche Version der Petition: Gegen Folter und Zwangsbehandlung in deutschen Psychiatrien mit 7170 Unterschriften: https://www.change.org/p/landesregierung-gegen-folter-und-zwangsbehandlungen-in-deutschen-psychiatrien

[9] Schönebeck, Carsten: Bürgermeister aus der Psychiatrie entlassen: 26. August 2018: https://www.nordkurier.de/ueckermuende/buergermeister-aus-der-psychiatrie-entlassen-2632967808.html

„Drei Nächte verbrachte Ueckermündes suspendierter Bürgermeister Gerd Walther in einer psychiatrischen Klinik. Nun wurde er entlassen. Und er erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizeikräfte: Gerd Walther, suspendierter Bürgermeister von Ueckermünde, wurde am Sonntag aus der psychiatrischen Abteilung der örtlichen Klinik entlassen. In einem Schreiben, das dem Nordkurier vorliegt, erhebt Walther schwere Vorwürfe gegen Polizeikräfte im Zusammenhang mit seiner Festnahme und Zwangseinweisung in der vergangenen Woche. Nachbarn hatten am Donnerstagmorgen den Notruf gewählt, unter anderem weil Walther über Stunden auf seinem Grundstück in der Gemeinde Vogelsang-Warsin rumgebrüllt haben soll. Die Notärztin verfügte vor Ort die Zwangseinweisung. Walther widersetzte sich und wurde schließlich von der Polizei überwältigt.“

[10] CV: ZU DDR-Zeiten war Manfred Dachner Leiter VPKA Anklam, nach der Wende Chef der Polizeidirektion Neubrandenburg: Vorsitzender des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, Petitionsausschuss Innen- und Europapolitik:

Quelle:  https://www.spd-fraktion-mv.de/abgeordnete/a-z/manfred-dachner

Zudem wird Manfred Dachner als Ehrenbürger der Stadt Neubrandenburg aufgeführt: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Persönlichkeiten_der_Stadt_Neubrandenburg

[11] CV: Harry Glawe: (Krankenpfleger 1970-1990) Ab 1978: Stationspfleger an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Klinik für Neurologie und Psychiatrie

Quelle:  https://www.landtag-mv.de/landtag/abgeordnete/glawe-harry.html

[12] https://www.youtube.com/watch?v=7XOCdgZyQPg&t=480s

[13] Auf der Leipziger Buchmesse kam im März 2015 ein extra aus Ueckermünde angereister Pfleger auf mich zu, der erklärte, dass das Personal vor Ort meine Tagebucherzählung gelesen habe, erschüttert sei und niemand etwas von den geschilderten Ereignissen mitbekommen habe, weil sie auf anderen Stationen tätig waren. Der Pfleger war sehr angespannt und hat sich nicht wieder bei mir gemeldet. 

[14] „Das Negativste, was ich in meiner Regierungs- und Abgeordnetenzeit erlebt habe, war 1992 der ZDF-Beitrag über die „Hölle in Ueckermünde“. Vielleicht wissen das noch einige – das war deprimierend, dass dort, wo wir schon viel gemacht hatten, irgendein Fernsehteam in der Anstalt war und dort gedreht hat und Dinge zeigte, die wirklich schlimm waren. Aber es war eben, wie gesagt, eine Zeit, in der wir im Aufholen waren und nicht alles auf einmal erreichen konnten.“ “The most negative thing I experienced during my time in government and parliament was the ZDF documentary about the “Hell in Ueckermünde”. Maybe some people know this already – it was depressing that in this place, where we had already done so much work, some TV team went into the institution and shot scenes which showed some very bad things. However, as I’ve said, this was at a time when we were catching up and couldn’t accomplish everything at once.”

https://www.landtag-mv.de/fileadmin/media/Dokumente/Druckerzeugnisse/Festveranstaltung_25Jahre_Landtag.pdf

[15]CV: Dr. Klaus Gollert:  https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Gollert

[16] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13487494.html (Übersetzung eines Teil des Beitrags:  auch abrufbar unter: German politicians block investigating and explaining The Hell in Ueckermünde: https://inklusionspolitik.de/en/german-politicians-block-investigating-and-explaining-the-hell-in-ueckermuende/

[17] In der 2016 von Hess, Volker; Hottenrott Laura/ Steinkamp, Peter veröffentlichten Studie „Testen im Osten“ DDR-Arzneimittelstudien im Auftrag westlicher Pharmaunternehmen“ erfolgte ausdrücklich keine Klärung der Opferzahlen (Nachweis: Gutachten Wien)

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