Weltkongress in Berlin-175 Jahre psychiatrische Fachgesellschaft: Grund zu feiern?

175 Jahre psychiatrische Fachgesellschaften in Deutschland – ein Jubiläum, das die DGPPN zum Anlass nimmt, vom 8. -12. Oktober 2017 einen Weltkongress in Berlin zu veranstalten, bei dem rund 12.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt erwartet werden.

Im Vorgriff auf diese Großveranstaltung, die man durchaus als fachspezifische Leistungsschau begreifen darf, wurde eine moderne, stylische Homepage eingerichtet, die anhand von bunten Bildern, Zahlen und Fakten, Porträts und kleinen Video-Einspielern einen guten Eindruck davon vermittelt, wie die DGPPN öffentlich wahrgenommen werden möchte, wie und anhand welcher Facetten sie ihr Selbstbild zusammensetzt.

Auch wenn dabei maßvoll dosierte Selbstkritik bezüglich heikler Themen nicht fehlt, hier zuvörderst genannt, die zunächst über Jahrzehnte vermiedene, dann nur zögerliche Bereitschaft, sich mit der Rolle der Psychiatrie während der NS-Diktatur auseinanderzusetzen, so steht doch klar im Vordergrund aller Bemühungen das Ziel, das Bild der Gegenwartspsychiatrie als einer höchst segensreichen, stets und ausschließlich um das Wohl der ihr anvertrauten Patienten besorgten Disziplin zu zeichnen, die in der Öffentlichkeit jedoch leider immer noch mit einem durch vielfältige Verzerrungen, Missverständnissen und Verkennungen entstellten Bild zu kämpfen hat.

Deshalb sieht man sich zum Wohle des Patienten und seiner Entstigmatisierung in der Pflicht, mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten die Initiative zu ergreifen bzw. in die Offensive zu gehen, z.B. durch regelmäßige Auftritte in Talkshows oder mit Kabarett-Programm, um zu verhindern, dass sich nur „lauter bescheuerte Leute“ zum Thema Psychiatrie zu Wort melden, wie der Psychiater und Beststellerautor Dr. Manfred Lütz seine Mission beschreibt.

In der Tat haben wir einen Kontrapunkt zu setzen mit den Schilderungen unserer leidvollen Erfahrungen mit der Institution Psychiatrie, mit den erschütternden Erkenntnissen, zu denen diese uns geführt haben und zu den Forderungen, die wir daraus ableiten. Wir erkennen einen von den DGPPN-Maximen abweichenden, komplementären alternativen Aufklärungsbedarf. Um diesem zu dienen, haben wir bereits damit begonnen über das Unsägliche bisher Ungesagte zu schreiben und zu sprechen. Und mit dieser Aussprache werden die Stimmen der Übriggebliebenen weiterhin fortfahren.

Dr. Christian Discher

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